In memoriam Anita Beckers | 1947 – 2025
Die Galeristin und Kunsthändlerin Anita Beckers ist am 31. Juli 2025 im Alter von 78 Jahren gestorben. „Kunst kann nur Anlaß sein, Menschen ins Gespräch zu bringen“, so Anita Beckers in einem Gespräch im Darmstädter Echo 1992 kurz vor ihrer Galerieeröffnung im November 1992.[1] Mit ihrem galeristischen Engagement zählt sie zu den Pionierinnen im Bereich der Medienkunst. Seit 2007 befindet sich das Archiv der Galerie Anita Beckers im ZADIK. Der Bestand umfasst insbesondere Dokumente zu Ausstellungsprojekten der 1990er und 2000er Jahre.
Anita Beckers galt als „Netzwerkerin“ im Kunstbetrieb, ihr kommunikatives Talent zeichnete sie aus, wie Roland Held festhält: „sie glaubt an die kommunikative Kompetenz von Werk und Betrachter, sie glaubt an die verändernde Kraft von Kunst...“[2]. Im Jahr 1990 gründete Anita Beckers einen Verlag für zeitgenössische Editionen mit Graphiken, Multiples und Fotografie in Darmstadt. Schwerpunkt bildeten Künstler:innen, die sie zuvor in ihrer Sammlung zusammengetragen hatte. Ein besonderer Fokus lag auf Fotografie. Sie gab Editionen heraus mit Künstler:innen wie Guillame Bijl, Wim Delvoye, Thomas Huber, Res Ingold, Jürgen Klauke, Claudia von Koolwijk oder Urs Lüthi. Für die Edition Beckers entwarf Jürgen Klauke eine große Fotoarbeit „Pro Securitas“ (1989/90) in einer kleinen Auflage von 15 Exemplaren. Klauke stellte kontinuierlich in Einzelausstellungen in der Galerie aus.
1992 wurde die Edition in eine Galerie überführt. Als erste Ausstellung präsentierte sie Erhard Klein und seine Künstler (26.11.1992–30.01.1993) mit Katalogen, Büchern und Werkbeispielen des Galeristen, der für Anita Beckers Vorbildfunktion hatte. Mit dieser Ausstellung würdigte sie ihren Galeriekollegen zum 20jährigen Bestehen seiner Bonner Galerie und brachte damit ihre visionäre Haltung zum Ausdruck. Erhard Kleins Devise „sehen und sehen lassen“ hat ihre Vorstellung von Galeriearbeit geprägt.[3] Das Archiv von Erhard Klein befindet sich ebenfalls im ZADIK (Bestand A 14).
Das Galerieprogramm von Anita Beckers war von Anfang an auf die Förderung der Medien- und Videokunst fokussiert. In den 1990er Jahren zeigte die Galerie Ausstellungen von Pionier:innen der Videokunst wie Bjørn Melhus, Laurel Nakadate, Yves Netzhammer, Alba D’Urbano oder Peter Weibel. Sie setzte sich dafür ein, den Künstler:innen zu ermöglichen, ihre Werke in den dafür geeigneten Räumlichkeiten auszustellen, Ausstellungskooperationen mit internationalen Museen und Institutionen zu vermitteln und sie mit Publikationen und Produktionen zu unterstützen. Ein besonderes Augenmerk und Interesse lag auf der Vertretung von Künstlerinnen wie Annegret Soltau (seit 1994), die zur Zeit als bedeutende feministische Vertreterin der Body Art und Fotografie in einer umfassenden Ausstellung im Städel Museum präsentiert wird (Unzensiert. Annegret Soltau – Eine Retrospektive, 08.05.–17.08.2025).
1998 zog Beckers nach Frankfurt am Main und eröffnete ihre Galerieräume in der Frankenallee 74. Durch den zusätzlich vorhandenen Videoraum der Galerie konnte die Kunst mit Bewegtbild 20 Jahre lang kontinuierlich im Kontext der zeitgenössischen Kunst erforscht und auch auf internationalen Messen wie u.a. der ART COLOGNE, der ARCO oder der Paris Photo präsentiert werden. Meilensteine ihres Galerieprogramms waren u.a. Ausstellungen des internationalen Fotografen Anton Corbijn, den sie in fünf Einzelausstellungen bis 2025 zeigte.[4]
Anita Beckers engagierte sich in zahlreichen Projekten im Kontext der Medien- und Videokunst. Im Rahmen der Videokunstmesse LOOP Barcelona war sie 2002 bis 2007 bei der Organisation der Symposien und Künstlergespräche mitverantwortlich. 2005 verlieh der Saarländische Rundfunk Anita Beckers seinen SR-Medienkunst-Preis. Damit würdigte der Sender ihr Engagement für die Förderung der Videokunst sowie ihre aktive Unterstützung junger Talente.
2011 initiierten Anita Beckers und Julia Sökeland die Videoplattform Blink Video, eine Plattform zur Recherche von Videokunst, Performances und Multimedia-Installationen, die sich als „lebendige“ Bibliothek für das bewegte Bild versteht.[5] In den Jahren 2013 bis 2017 kuratierte sie zentrale Medienkunstausstellungen im Rahmen der B3 Biennale des bewegten Bildes: Videokunstausstellung Nonliteral (2013), Hauptausstellung EXPANDED SENSES (2015) und Leitausstellung ON DESIRE. Über das Verlangen (2017).[6]
Im Herbst 2015 wurde der neue Ausstellungsraum in der Frankfurter Innenstadt (Braubachstraße 9) in unmittelbarer Nähe des Museums für Moderne Kunst (MMK) zusammen mit dem Design- und Kunsthändler Frank Landau eröffnet, für den sie ab 2017 allein verantwortlich war. Ausgestellt wurden Ausstellungsprojekte mit zeitgenössischer Kunst, Videokunst und Design. Mit dem Umzug 2015 in die Frankfurter Innenstadt musste die Förderung der Medien- und Videokunst auf die neuen Räume angepasst werden. Die bereits 2011 gegründete Videoplattform Blink Video ergänzte die regelmäßige physische Präsenz der Videokunst in den kleineren Galerieräumen.
„Ich will meine Kraft einsetzen, weil und wo es Spaß macht“, so Anita Beckers 1992. Das kann als ihr Lebensmotto gelten. Die Galerie wird auf Wunsch von Anita Beckers nun nach ihrem Tod durch das Team und Nina Mößle weitergeführt.[7]
[1] Roland Held: Leidenschaft für die Kunst, in: Darmstädter Echo, 08.08.1992.
[2] Roland Held: Leidenschaft für die Kunst, in: Darmstädter Echo, 08.08.1992.
[3] Wolfgang H. Runge: Sehen und sehen lassen. Die erste Ausstellung von Anita Beckers in ihrer neuen Darmstädter Galerie, in: o.A., 20.01.1993.
[4] https://galerie-beckers.com/mile-stones-i-meilensteine (06.08.2025)
[5] https://galerie-beckers.com/mile-stones-i-meilensteine (06.08.2025)
[6] https://galerie-beckers.com/mile-stones-i-meilensteine (06.08.2025)
[7] Email der Galerie Anita Beckers vom 06.08.2025.
