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Ausstellung

"THE KÖLN SHOW" | Netzwerke der Avantgardegalerien in den Neunziger Jahren

 

Ausstellung | 19.04. – 22.04.2018 auf der ART COLOGNE, Passage 3/11 | 04.05. – 28.09.2018 im ZADIK

1989. Die Mauer war gefallen und damit auch Kölns Status als Kunstmetropole, Berlin sollte wieder Hauptstadt werden, der Kunstmarkt stürzte aus dem Goldrausch in eine Finanzkrise, die Kunst in eine Sinnkrise, die Neunziger hatten begonnen. Trotzdem und gerade deshalb: Köln in den Neunzigern "was the best place to be", so der Künstler Josef Strau in seinem Essay 'The Non-Productive Attitude' (2006). In der Wochenendbeilage der ‚New York Times‘ vom 6. September 1992 proklamierte Deborah Solomon gar "The Cologne Challenge" und fragte "Is New York‘s Art Monopoly Kaput?"

Für seine diesjährige, opulent bebilderte Zeitreise hat das ZADIK die Koordinaten auf den heute besonders in Amerika tradierten Mythos der Kölner Kunstszene der 1990er Jahre gesetzt. Es besucht dort die Menschen und Ereignisse, die transeuropäische und transatlantische Brücken bauten und kunstprogrammatische Weichen stellten für unsere Gegenwart und lässt die Zeit der zum Teil in harter Kneipenarbeit erwirtschafteten künstlerischen Selbstreflexivität, der Kontextkunst und Institutionskritik wieder lebendig werden.

Erste Station ist das von der Galeristin Monika Sprüth und Ihren Kollegen Max Hetzler und Jörg Johnen auf der ART COLOGNE installierte 'Sonderprogramm junge Galerien', das es unter anderen dem New Yorker Galeristen Colin de Land ermöglicht hatte, mit seinen Künstlern nach Köln zu kommen.

Die Fanfare, mit der das neue Jahrzehnt hinausposaunt wurde, war 'The Köln Show' (27.4.-26.5.1990), eine Ausstellung mit Werken von 66 Künstlerinnen und Künstlern aus Europa, den USA und Japan, kuratiert von den Kölner Galeristinnen Monika Sprüth, Esther Schipper, Isabella Kacprzak, Tanja Grunert, Gisela Capitain und Sophia Ungers und den Galeristen Rafael Jablonka, Max Hetzler und Daniel Buchholz, koordiniert von Monica Beer, mit dem von Isabelle Graw redigierten und herausgegebenen Begleitbuch ‚Nachschub - Supply‘.

Im selben Jahr 1990 gründete Isabelle Graw zusammen mit dem Kunsthistoriker Stefan Germer in Köln die Zeitschrift 'Texte zur Kunst', eine für die damals in Köln ausstellenden Künstlerinnen und Künstler ebenso wichtige Partnerinstitution wie die Galerien. Ebenfalls im Jahr 1990 eröffnete Christian Nagel seine Galerie (mit der ersten Einzelausstellung von Cosima von Bonin), und die Künstler Stephan Dillemuth, Josef Strau, Nils Norman, Merlin Carpenter und Kiron Khosla präsentierten den Raum 'Friesenwall 120', den sie bis 1994 betrieben.

Christian Nagel, der seine Zulassungsverweigerung zur ART COLOGNE eher als Auszeichnung betrachtete, provozierte 1992 zusammen mit Tanja Grunert, Michael Janssen und Heike Kempken die ART COLOGNE und ihre Ausrichter mit der Alternativmesse 'Unfair - The Real Art Fair', in den Ehrenfelder 'Balloni-Hallen', mit 28 internationalen Avantgardegalerien, darunter die New Yorkerin Pat Hearn. Eröffnet wurde die 'richtige Kunstmesse' - auch das ein statement - mit einer Pressekonferenz am 11.11. um 11.11 Uhr, und sie dauerte bis zum 15. November. Im nächsten Jahr, 1993, fand die 'Unfair', nun mit 42 internationalen Galerien - darunter Newcomer David Zwirner, im leer stehenden ehemaligen Haupthaus der Stadtsparkasse Köln am Rudolfplatz statt (10. - 15.11.). Im folgenden Jahr hatte sich der Protest erübrigt, denn 35 Galerien der ehemaligen 'Unfair' wurden nun in die ART COLOGNE integriert und trugen dazu bei, die Messe zu verjüngen.

Wie die 'Unfair' und die 1994 von der Kölner Galeristin Gabriele Rivet gegründete erstmals in einem Hotel stattfindende Messe für zeitgenössische Kunst ('Art Hotel', Hilton Amsterdam) Vorbild waren für die New Yorker 'Gramercy International Contemporary Art Fair' (1994-1995) und die 1999 aus ihr hervorgegangene 'Armory Show', davon erzählt Christian Nagel in der parallel zur Ausstellung erscheinenden Publikation 'sediment'.

Im Doppelheft 'sediment' 28/29 gibt es weitere Interviews mit Daniel Buchholz, Gisela Capitain, Isabelle Graw, Esther Schipper, Monika Sprüth und Markus Schneider, der zusammen mit Nicolaus Schafhausen von Berlin nach Köln (!) gekommen war, um die Galerie Lukas & Hoffmann zu eröffnen. Auch sie wurde Teil jener Szene, die sich, so zuletzt Dominikus Müller im 'frieze-magazin' vor allem durch eines ausgezeichnet hat: "Netzwerke, Zusammenschlüsse von Menschen, die zusammen Kunst gemacht, oder nicht gemacht, aber sie zumindest abends am Tresen in der Kneipe diskutiert haben. Geschlossene, lokale Netzwerke also, die dicht und intensiv waren im Gegensatz zu den offenen, versprengten Netzwerken der heutigen Facebook-Kultur."

Ergänzend zu seiner Ausstellung präsentiert das ZADIK auf seiner Website das Feature

Ansichten - Einblicke. 23 Kölner Künstler - 30 Jahre danach

mit Interviews, die Edelwalda Klein Mitte bis Ende der Neunziger Jahre mit Künstlern der Kölner Kunstszene aufgezeichnet und transkribiert hat. Auch sie bieten ein authentisches, lebendiges Bild der Zeit aus der subjektiven Perspektive der Künstlerinnen und Künstler Bernd Ackfeld, Charly Banana, Bernhard Johannes Blume, Klaus vom Bruch, Brigitte Burgmer, Michael Buthe, Mic Enneper, Wolf Erdmann-Oblonskij, Knopp Ferro, Rainer Gross, Thomas Hesterberg, Dieter Horký, Theo Lambertin, Falko Marx, Rune Mields, Wolfgang Niedecken, Marcel Odenbach, H. G. Prager, Ulrike Rosenbach, Hans Salentin, Herbert Schäfer, Eusebius Wirdeier und Heinz Zolper

Ausstellung | 19.04. bis 22.04.2018 auf der ART COLOGNE

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